Warum Stress dick macht

Thema Progress:

Dass unser Gehirn nicht wirklich mit uns an einem Strang zieht, wird besonders deutlich, wenn es um unser Gewicht geht. Irgendjemand hat einmal gesagt: Das Gehirn muss sich nicht im Spiegel sehen, sondern wir. Deshalb laufen hier zwei völlig unterschiedliche Programme ab: Ein Teil von uns will schlank, durchtrainiert und attraktiv sein. Unser Gehirn will jedoch etwas ganz anderes: Ruhe und möglichst viel Ressourcen. Und Ressourcen bedeuten aus seiner Sicht ganz einfach: Energie und die wird im Körper in Form von Fett angelagert. Aus Perspektive des Gehirns ist es ganz einfach: je mehr Fett, desto besser.

Dass aus dem Wunsch abzunehmen eine Milliarden-Euro-Industrie geworden ist, liegt daran, dass unsere Lebensbedingungen hier nicht für, sondern gegen uns arbeiten. Einerseits verbringen die meisten Menschen in den Industrienationen ihren Tag zunehmend sitzend, d. h. mit minimalem Energieverbrauch. Andererseits haben wir quasi ununterbrochen Zugang zu hochkalorischen Lebensmitteln, die so produziert werden, dass sie maximal lecker sind und süchtig machen (Zucker, Geschmacksstoffe). Und als dritter wichtiger Faktor kommt dazu, dass unser Stresslevel Untersuchungen zufolge immer weiter steigt. Und Stress und Gewichtszunahme oder auch Übergewicht gehen Hand in Hand.

Übergewicht liegt also doch an den Hormonen, zumindest zu einem Teil. Natürlich ist gesundes Essen wichtig (dazu mehr in der nächsten Lektion), ebenso Bewegung. Aber vermutlich haben Sie ja inzwischen die etwa stündliche Kombination aus einem Glas Wasser, etwas Bewegung und mehreren tiefen Atemzügen in Ihren Alltag integriert? Das ist zumindest ein Anfang.

Stress macht über verschiedene Mechanismen dick, bzw. solange wir Stress haben, ist eine erfolgreiche Gewichtsabnahme äußerst schwierig:

  1. Stress bedeutet für unseren Organismus das Auslösen des Notfallprogramms, d. h. der Kampf-und-Flucht-Mechanismus wird aktiviert. Das wiederum bedeutet einen erhöhten Energieverbrauch, was ja eigentlich zu einer Gewichtsabnahme führen könnte. Aber da unser Gehirn das genau weiß, will es vorbeugen, und macht uns deshalb Lust auf alles, was möglichst viele Kalorien hat. Und das bedeutet: auf Schokolade, Chips oder ganz generell: Fettes und Süßes. Wenn wir Stress und damit wenig Zeit haben, kommen wir zudem meist nicht dazu, gut für uns zu sorgen. Und greifen zu Fastfood, zu Snacks nebenher, und essen mehr ‘leere Kalorien’. Da der Organismus aber gerade unter Stress mehr Bedarf an Vitalstoffen (Vitaminen, Mineralien, Spurenelementen) hat, meldet er: Hunger. Denn es hungert ihn tatsächlich, aber nach gesunden und verwertbaren Stoffen. Aber die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass doch nur wieder Fastfood und Hochkalorisches nachgeliefert wird. Also haben wir viel zu schnell danach wieder Hunger …
  2. Essen hat aber auch noch den Aspekt, uns zu beruhigen. Besonders Süßes (das unterbewusst an die süß schmeckende Muttermilch erinnert) aktiviert natürlich die Belohnungszentren. Und apropos Belohnung: Oft dient Essen als Belohnung oder Zuwendung, also Dingen, die wir in stressigen Zeiten besonders dringend bräuchten. Wenn wir aber nicht aus Hunger, sondern auch ständig zwischendrin aus dem Bedürfnis nach einem guten Gefühl essen, nehmen wir noch viele zusätzliche Kalorien zu uns.
  3. Stress lässt den Blutzuckerspiegel steigen und nach dem Essen langsamer wieder absinken. Das bedeutet bei gleicher Kalorienaufnahme mehr angelagertes Fett, einfach so. Und falls unser Gewicht uns sowieso schon Stress macht, haben wir gleich noch eine zusätzliche Stressquelle mit dazu.
    Bei Stress wird übrigens als Teil des Kampf-und-Flucht-Mechanismus auch Glukose, d. h. Zucker, als schneller Energielieferant aktiviert (die Leber schickt quasi kleine Glukose-Päckchen in unsere Blutbahnen, um schnell überall Energie zur Verfügung zu stellen). Das hat denselben Effekt auf unserem Blutzuckerspiegel (und die Fetteinlagerungen in den Zellen) wie ein Snack oder Schokoriegel – selbst wenn wir uns zusammenreißen und versuchen, nicht zu sündigen!
  4. Wenn wir dann noch stressbedingt schlecht schlafen, hat der Körper selbst nachts nicht die Möglichkeit zur Ruhe zu kommen, den Notfallmodus herunterzufahren und in tiefer Entspannung langsam in die Fettverbrennungszone zu kommen.
  5. Alle diese Faktoren addieren sich auf und das permanente Überangebot an Kalorien bzw. ein ständig erhöhter Blutzuckerspiegel macht mit der Zeit resistent für zwei wichtige Hormone: Insulin und Leptin. Insulin regelt bzw. fördert die Einlagerung von Fett und Leptin ist das Hormon, das eigentlich die Nachricht ans Gehirn schicken sollte: Hey, alles gut, wir sind satt. Wenn all das durch Dauerstress, Dauernahrungsaufnahme und ein Dauerüberangebot an Zucker aus dem Gleichgewicht gerät, kommt es langfristig zu einer Überlastung und damit zu einer Desensibilisierung oder Resistenz. Beide Hormone können ihre Aufgaben immer weniger erfüllen und das ist er Punkt, an dem der Organismus in Richtung Diabetes steuert.

Also: Ernährung und Stress hängen sehr eng miteinander zusammen. Stressabbau, z. B. durch eine regelmäßige Anwendung unserer Entspannungsübungen, helfen dabei, gegenzusteuern, den Körper zu entlasten und stressbedingtem Übergewicht vorzubeugen bzw. es reduzieren zu helfen.

Solange Ihr Stresslevel aber hoch ist, sind die biologischen Weichen in Ihrem Körper so gestellt, dass Sie eher zu- als abnehmen. Deshalb sind die Entspannungsübungen so wichtig und sich täglich immer wieder auf einen einigermaßen entspannten Zustand “herunterzuholen”. Sonst gelangt Ihr Körper nämlich nie in die Fettverbrennungszone.

Die wichtigsten Mechanismen haben wir wieder in einem Poster für Sie zusammengestellt.

Und hier können Sie das Poster (A3) mit den Erklärungen herunterladen >