Stress und Einstellung Copy

In der östlichen Medizin geht man seit Jahrtausenden davon aus, dass die gesamte Lebensweise eines Menschen, aber auch seine Emotionen und Einstellungen zu Gesundheit bzw. Krankheit beitragen. Westliche Stressforschung belegt dasselbe und auch, was für einen riesigen Unterschied wir durch unsere Einstellung machen können.

2012 erbrachte eine amerikanische Studie erstaunliche Erkenntnisse. 30 000 Menschen wurden über acht Jahre hinweg begleitet. Zu Beginn der Studie wurden zwei Fragen gestellt, die wir Ihnen jetzt auch stellen wollen:

“Wie viel Stress hatten Sie im letzten Jahr?”
“Glauben Sie, dass Stress gesundheitsschädlich ist?”

Die Studie zeigte, dass Menschen, die im Vorjahr großem Stress ausgesetzt waren, ein 43 % höheres Sterberisiko hatten. Allerdings traf das nur auf diejenigen zu, die glaubten, dass Stress gesundheitsschädlich ist.  Menschen dagegen, die viel Stress hatten, aber nicht davon ausgingen, dass er schädlich ist, hatten das niedrigste Sterberisiko innerhalb der gesamten Studie, einschließlich derjenigen, die vergleichsweise wenig Stress hatten. Man hatte ihnen gezeigt, wie sie Stresssignale, die eigentlich Teil des “Kampf- und Flucht-Mechanismus” sind (beschleunigter Herzschlag und Atemrhythmus, Schwitzen etc.) positiv verstehen können. Und das wollen wir jetzt hier auch machen.

In der Studie war der positiv abschneidenden Teilnehmergruppe erklärt worden, dass die im Video beschriebenen Stressreaktionen primär hilfreich für sie seien. Genau das ist ja der Sinn der Stressreaktion (klammern wir Dauerstress für den Augenblick kurz aus).

Die Studie hat etwas sehr Wichtiges gezeigt: Wenn wir unsere Einstellung zu Stress verändern, verändern wir die Art und Weise, wie unser Körper auf Stress reagiert. Also: Prinzipiell sind Stressreaktionen positiv. Und wenn wir Stress positiv begegnen bzw. mit ihm umzugehen lernen, wird Stress zu unserem Freund. Das möchten wir vorausschicken, wenn wir uns in den kommenden Wochen mit allen möglichen Aspekten von Stress beschäftigen werden. Deshalb wird es nicht nur um Entspannungsübungen gehen, sondern um sehr viele verschiedene Möglichkeiten, wie man Stress, und sich selbst, anders betrachten kann. Oder neue Lösungswege suchen kann oder mit Emotionen anders umgehen.

William James, der als Begründer der US-amerikanischen Psychologie gilt, hat noch einen weiteren Aspekt beleuchtet. Er stellte die Frage, ob wir vor dem Bären weglaufen, weil wir Angst haben, oder ob wir Angst haben, weil wir vor dem Bären weglaufen. Angst, Befürchtungen, Selbstzweifel oder Zukunftsszenarien, in denen man sich vorstellt, was alles passieren kann, können sich verselbständigen. Und schließlich wird Weglaufen zu einem Lebensthema, selbst wenn keine Bären oder andere Gefahren drohen.

Was also wirklich ganz entscheidend ist beim Thema Stress ist, wie wir damit umgehen und welche Einstellung wir dazu entwickeln. Es gibt ein anderes schönes Beispiel dafür, wie Wissen und Einstellung unmittelbar die Körperfunktionen beeinflussen: Zwei Forscherinnen der Harvard-Universität führten eine Studie mit 84 Zimmermädchen durch. Der Hälfte der Teilnehmerinnen erklärten die Wissenschaftlerinnen, dass die Arbeit, die sie den ganzen Tag verrichteten (Betten machen, Teppiche saugen, Badezimmer putzen etc.) gesund sei und einem Besuch im Fitnesscenter entspräche. Den restlichen Teilnehmerinnen wurde diese Information nicht gegeben.

Schon nach vier Wochen ließ sich ein deutlicher Unterschied zwischen den beiden Gruppen feststellen. Die Gruppe der Zimmermädchen, die auf die gesundheitsförderlichen Aspekte ihrer Arbeit hingewiesen worden waren, nahmen im Durchschnitt fast ein Kilogramm ab, ihr Blutdruck sank um zehn Prozent, und sowohl die Körperfettwerte als auch der Körpermasseindex (BMI) veränderten sich positiv – ohne dass sie ihr Verhalten verändert hätten. Bei den Teilnehmerinnen, die nichts über die positiven Effekte ihres Jobs erfahren hatten, zeigten sich keinerlei Veränderungen.

Also stellen wir Ihnen jetzt die Fragen: “Wie viel Stress hatten Sie im letzten Jahr?” und “Glauben Sie, dass Stress gesundheitsschädlich ist?”

Die wichtigsten Punkte dieser Lektion haben wir als Infografik für Sie zusammengefasst, das Sie als A4-Poster hier herunterladen können >

Bei diesem wie bei den kommenden Postern und Downloadmaterialien gilt: Auch wenn Sie die Tools nicht herunterladen oder ausdrucken wollen, schauen Sie sie sich trotzdem in Ruhe an. Unser Gehirn nimmt Informationen sehr viel leichter auf, wenn sie bildlich dargestellt sind. Wetten, dass Sie sich leichter an den Bären erinnern als z. B. an die Zahlen der ersten Studie? Und das hilft im Alltag vielleicht, in stressigen Zeiten innezuhalten und sich zu fragen, ob man gerade wirklich vor einem Bären wegrennt oder sich der Stress verselbständigt hat. Und falls Sie dann weiterrennen: Denken Sie daran, dass Sie das fit und nicht krank macht!