Ressourcen

Thema Progress:

Sie machen ja sicher regelmäßig die Atemübung oder eine Kurzmeditation? Mehrmals täglich? Denn Sie haben ja gelesen und gesehen, wie viele Vorteile die kleinen “Atempausen” im Alltag bewirken. Nein? Das zeigt, wie unvernünftig unser Gehirn oft ist, und dass es Lösungen ignoriert, selbst wenn sie direkt vor der Nase liegen.

Vielleicht klingt es unfair, das Gehirn als “Drama-Queen” zu bezeichnen, aber genau so verhält es sich unter Stress: unlogisch, kurzsichtig und übertrieben. Wie gesagt, das hat uns vor ein paar Millionen Jahren sicher einige Male das Leben gerettet. Aber wenn sich Ihr Gehirn heute im Alltag noch genauso verhält, ist das nicht immer unbedingt die beste Lösung.

Unter Druck bzw. Stress spielt sich in unserem Gehirn ein Szenario ab wie in jedem Hollywood-Katastrophenfilm. Als ginge es um das nackte Überleben, werden Notfallmaßnahmen ausgelöst und nicht mehr nach links oder rechts geschaut. Dass der Kampf-und-Fluchtmechanismus “biologische Weichen” stellt und z. B. das Immunsystem herunterfährt, haben wir ja schon gesehen (toll, denn dann muss man sich nicht nur mit den Problemen im Job, sondern auch mit einer Grippe oder Herpes herumschlagen). Aber warum und was kann man dagegen tun?

Drehbücher für Katastrophenfilme folgen immer demselben Szenario. Eine Gruppe von Menschen landet wahlweise auf

a. einer einsamen Insel, die natürlich von einem Monster bewohnt wird

b. einem einsamen Planeten, der jede Menge lebensfeindlicher Überraschungen birgt, oder

c. in einer sonstwie gruseligen, abgeschiedenen Gegend ohne Aussicht auf Hilfe.

Was macht die Gruppe als Erstes? Genau: die vorhandenen Ressourcen zählen und rationieren. Wie viel Nahrung, Wasser, Brennstoff, Medikamente oder Sonstiges ist vorhanden? Für wie viele Menschen muss das wie viele Tage reichen, bis man Hilfe erwarten kann? Und irgendwann kommt der Punkt, an dem die ohnehin schon knappen Ressourcen nicht mehr ausreichen.

In Phase 2 kommt es entweder zu Mord und Totschlag in der Gruppe oder ein besonders heroisches Gruppenmitglied opfert sich freiwillig, um das Leben der anderen zu retten (je nach Drehbuch greifen manchmal auch vorher ein paar Monster ein und helfen dabei, die Gruppe zu dezimieren).

Als Drama-Queen interpretiert unser Gehirn schon Alltagssituationen als mittlere Katastrophe und reagiert genauso wie im Film. Ressourcen einzuschränken bedeutet in diesem Fall, alle aktuell nicht lebensnotwendigen Funktionen herunterzufahren. Und dazu gehören z. B. das Immun- und das Verdauungssystem. Pech nur, wenn der Stress anhält, dann kommt es zu chronischen Verdauungsbeschwerden und mehr. Das ist Phase 1, und wenn die sehr lange anhält, kommt es in Phase 2 zu ersten Funktionsausfällen, z. B. zu ersten Beschwerden und Symptomen. Und Phase 3 wäre dann der Übergang zu Erkrankungen, da der Organismus nicht mehr ausreichend Ressourcen hat, um sich wieder in Balance zu bringen.

Ressourcen, was bedeutet das eigentlich genau? Im Falle unseres Organismus zunächst einfach einmal: Energie. Jede Bewegung, jeder Atemzug, jede Stoffwechselreaktion benötigt Energie. Und Regenerations- und Heilungsprozesse sind in diesem Fall quasi die Luxusvariante – sie kommen erst dann an die Reihe, wenn alles andere abgedeckt ist. Oder eben gar nicht, wenn nicht genügend Ressourcen da sind. In unserem Körper ist es nicht so, dass sich dann jemand opfert, um das Ganze am Laufen zu halten. Man kann sich das eher wie “Sollbruchstellen” vorstellen: Irgendwo geht etwas in die Knie. Und so kommt es zu Erkrankungen.

Was ist die wichtigste, hilfreichste und schnellste Ressource? Ganz einfach: Sauerstoff. Wir können Wochen ohne Essen auskommen, Tage ohne Wasser – aber nur wenige Minuten ohne Sauerstoff. Sauerstoff sorgt dafür, dass in unseren Zellkraftwerken, den Mitochondrien, Energie erzeugt wird, die dann im ganzen Körper abgerufen werden kann. Und womit können wir unserem Organismus sehr schnell, gezielt und äußerst effektiv Energie zuführen: genau, durch die Atemübung. Durch die tiefe, entspannte Atmung gelangt sofort mehr Sauerstoff in unseren Organismus, und das bedeutet, dass sofort mehr Ressourcen zur Verfügung stehen. Die Atemübung liefert also sofort und überall Notfallhilfe.

Und sie bringt natürlich auch wieder unseren Superhelden, den Parasympathikus, ins Spiel. Sie erinnern sich? Er kurbelt die Entspannung an. Das sendet Signale ans Gehirn, dass die Ausnahmesituation vorbei und alles gut ist. Die Drama-Queen kommt zur Ruhe, fährt die Stresshormone herunter und schüttet ein paar Glückshormone aus. Und alle sind zufrieden.

Klingt gut, aber noch nicht überzeugend genug? Das lässt sich wissenschaftlich beweisen.

Sie erinnern sich an die HRV-Scans, mit denen man die Auswirkungen der Entspannungsatmung auf den Organismus messen kann? Oben sehen Sie, wie sich durch die Atemübung die Energieressourcen vergrößern. Links herrscht offensichtlich Notfallmodus: Es ist kaum noch Energie da, klar muss da rationiert werden und irgendetwas kommt zu kurz. Rechts sehen wir die Ressourcen nach der Atemübung (zwischen den Messungen liegen genau sechs Minuten und zwei Sekunden). Und sofort ist ausreichend Energie da, nicht nur für die überlebensnotwendigen Funktionen, sondern auch für Regeneration und Heilung, und ganz generell für etwas mehr Leichtigkeit im Leben.

Und deshalb, jetzt: Machen Sie jetzt mindestens 5 Minuten lang die Atemübung und retten Sie sich quasi selbst von der einsamen Stressinsel!

Eine wichtige Ressource vergessen wir oft: Menschen in unserer Umgebung. Es ist viel leichter, um Hilfe zu bitten als man denkt. Die vermeintlichen Hürden bestehen meist nur in unserem Kopf, weil unser Gehirn im Notfallmodus oft den Weg zu den einfachsten Lösungen versperrt. Nutzen Sie diese “externen Ressourcen” wenn (oder bevor) Sie unter Druck geraten, und revanchieren Sie sich einfach bei der nächsten Gelegenheit.

Und weil Ressourcen so ungeheuer wichtig sind, haben wir auch hierfür ein Poster für Sie vorbereitet.

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